Abdallah Al-Frangi Rezension Medizinprodukte Journal

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Buchrezension

Der Gesandte - Mein Leben für Palästina. Hinter den Kulissen der Nahost-Politik

Der Gesandte - Mein Leben für Palästina. Hinter den Kulissen der Nahost-Politik

Bücher zur Politik, von Politikern und über Politiker gibt es viele. Bei dem Buch von Abdallah Frangi (eigentlich Abdallah Al Frangi) gibt die Unterzeile „Hinter den Kulissen der Nahost-Politik“ schon einen gewissen Hinweis, was das Buch bietet.
Aber auch das nicht. Das Buch leuchtet nämlich nicht nur hinter die Kulissen der Nahost-Politik sondern lässt den Leser bzw. die Leserin (im Folgenden Leser) auch tief in das menschliche Umfeld und dessen Entwicklung blicken und somit mitfühlen.
Wer Frangi etwas näher kennt, wundert sich nicht, dass die Schilderungen keinem Pathos oder einem Drang von Selbstdarstellung folgen, sondern in aller Bescheidenheit die politischen und menschlichen Entwicklungen, Abläufe und Erlebnisse darstellen sowie sein Leben sehr menschlich schildern. Nicht nur in Worten sondern auch mit Bildern wird dem Leser das Leben und die Familie Frangis sowie weitere Fakten und Ereignisse näher gebracht. Frangi konzentriert sich nicht nur auf Palästina selbst, er berücksichtigt auch dabei große komplexe und politische Zusammenhänge z.B. mit den USA, deren Einfluss und Wirkung auf den gesamten Nahen Osten.

Unabhängig auf welcher politischen Seite der Leser steht, er kann nach der Lektüre des Buches sich besser in die Geschehnisse, Entwicklungen und Betroffenheit von Palästina und das Leiden des palästinensischen Volkes hineindenken und sie verstehen.

Als enger Vertrauter Arafats war Abdallah Frangi 42 Jahre lang in Deutschland und wurde hier zur Stimme der Palästinenser – seit 1974 als offizieller Vertreter der PLO in Bonn und Berlin. Durch seine engen Kontakte zu den maßgebenden Politikern brachte er die Interessenlage des palästinensischen Volkes auf die politische Agenda. Er pflegte u.a. Verbindungen zu Hans-Jürgen Wischnewski, Joschka Fischer, Hans-Dietrich Genscher; Johannes Rau und Gerhard Schröder. Aufgewachsen in einer einflussreichen Beduinenfamilie, wird seine Familie, als Frangi fünf Jahre alt ist, aus dem soeben gegründeten Staat Israel nach Gaza vertrieben. Mitte der 50er Jahre, als Gaza vom israelischen Militär besetzt wird, gehört sein ältester Bruder zu den Gründungsmitgliedern der palästinensischen Widerstandsbewegung Al-Fatah. Nach dem Abitur geht Frangi als 19-jähriger 1962 für ein Medizinstudium nach Deutschland, und beginnt dort sein über 40 Jahre andauerndes Engagement für Palästina. Nach den Anschlägen einer palästinensischen Terrorgruppe während der Münchner Olympiade wird Frangi ohne jede Begründung aus Deutschland ausgewiesen und steht auf der Todesliste des israelischen Geheimdienstes. Nur knapp entgeht er selbst einem Briefbombenattentat und muss erleben, wie viele seiner politischen Mitstreiter ermordet werden. Dennoch setzt sich Frangi unerschütterlich für eine friedliche Lösung des Nahost-Konflikts ein.

Abdallah Frangi wurde 1943 in Beerscheba, im damaligen Palästina, geboren. 1948 wurde er mit seiner Familie nach Gaza vertrieben. Frangi kam 1962 nach Frankfurt/Main, studierte dort Medizin und Politik. Bereits während des Studiums wurde er politisch aktiv und setzte sich für die Errichtung eines unabhängigen Staates Palästina ein. Ab 1974 war er offizieller Vertreter der PLO in Deutschland, seit 1993 als Generaldelegierter Palästinas in Bonn und Berlin (bis 2005). Nachdem Frangi 2007 bis 2009 außenpolitischer Sprecher der Fatah war, ist er heute in Gaza und Ramallah als persönlicher Berater von Präsident Abbas tätig. Trotzdem kommt er noch oft nach Deutschland in die Nähe von Frankfurt, wo seine Frau Benita seit 1997 lebt. Außerdem ist Frangi in Deutschland noch immer ein gefragter Diskussionspartner und hält Kontakt zu seinen Freunden, auch zu solchen, die nicht der Politik zuzuordnen sind. Die Biographie hat Frangi seinem Sohn Baschar gewidmet, der am 3. Februar 2011 in seiner Berliner Wohnung unerwartet einem Herzinfarkt erlegen ist.

Gert H. Schorn, Meckenheim

Quelle: Medizinprodukte Journal 2012 (1), S. 70.
(Mit freundlicher Genehmigung von Dr. Gert H. Schorn)